09 :: Benachteiligung der Pressefreiheit

Die Presse wird gegenüber dem Rundfunk benachteiligt, wie auch schon der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium in seinem Gutachten  „Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung“ von 2014 befand (siehe Zitat weiter unten). Obwohl die Basis für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Grundgesetz Art. 5 (1) ist, in dem steht "Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet" und PRESSE und RUNDFUNK darin gleichermaßen genannt sind, wird die Gewährleistung ihrer Freiheiten nicht gleichermaßen umgesetzt.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden durch den Rundfunkbeitrag nicht nur gefördert oder subventioniert, sondern fast komplett (von einem kleinen Werbefinanzierungsanteil abgesehen) finanziert. Die Print-Medien u. die Online-Presse hingegen erhalten überhaupt gar keinerlei derartige Förderung. Sie werden sogar zusätzlich benachteiligt durch die Online-Präsenzen der Öffentlich-Rechtlichen.

Diverse Zeitungsanbieter sind mittlerweile nicht mehr in der Lage ihr Angebot im Internet kostenlos bzw. werbefinanziert zugänglich zu machen (ein Abo bei der FAZ für alle digitalen Produkte kostet bspw. nach der 4-wöchigen Angebotsfrist € 46,50 im Monat). Der FAZ antwortete ich vor kurzem, nachdem mein Test-Abo abgelaufen war, dass ich mir aufgrund meiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein zusätzliches Presse-Abo bei ihnen nicht leisten könne.

Ein größer werdenden Teil von Artikeln von Presse-Mitgliedern wie der FAZ oder WELT (WELTplus o. WELTpremium) u.v.a.m. sind damit nicht mehr Teil der globalen Konversation. Wer im Internet nicht frei zugänglich ist, kann in sozialen Medien nicht diskutiert werden, da zu ihnen nicht verlinkt werden kann bzw. das Link nicht bringt.

Ob deshalb auch Presse-Anbieter eine staatlich organisierte "Pressefreiheits-Gewährleistungs-Finanzierung" erhalten sollten (wie bislang der ör-Rundfunk) ist deshalb nicht gesagt. In Frankreich wird der Zeitungsmarkt gefördert und über den Erfolg ist man geteilter Meinung. ABER: Hier geht es um die GLEICHBEHANDLUNG, denn Ungleichbehandlung kommt DISKRIMINIERUNG gleich, und gegen die gibt es einen Artikel im Grundgesetz (GG Art. 3). Der Punkt ist deshalb ein Klagegrund in meiner Klage gegen den Rundfunkbeitrag.

Bereits in 2014 schrieben die Autoren des Gutachtens „Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung“ des wissenschaftlichen Beirats beim BMF (Bundesfinanzministerium, Seite 6: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2014-12-15-gutachten-medien.pdf;jsessionid=33D505C7CC13E651604E9F8A3E56D696.delivery2-replication?__blob=publicationFile&v=6):

"Die  technischen  Gründe,  mit  denen  einst das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks  gerechtfertigt  wurde, sind heutzutage weitgehend verblasst. Die Zahl der Programmkanäle ist technologisch bedingt stark angestiegen, die Eintrittskosten für neue Programmanbieter sind rapide gesunken, durch die verstärkte Nutzung des Internets als Informationsmedium kommt es zu Überlappungen zwischen Print- und  Rundfunkmarkt. Angesichts der technischen Entwicklung gibt es kaum noch Gründe, warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt [...]".

In meiner Klage habe ich argumentiert, dass ich als Grundrechte-Trägerin meine Rechte diskriminiert sehe. Meine Rechte auf Rundfunk- UND Pressefreiheit würden mir OHNE GRUND nicht gleichermaßen gewährleistet.

Das Gericht könnte durchaus argumentieren, dass das GG nur zur Gewährleistung verpflichtet, nicht zu gleichen Teilen. Hier liegt aber das Problem. Wie vom eingangs genannten Gutachten ebenfalls befunden, ist es die Presse heutzutage eher als der Rundfunk, die existentielle Schwierigkeiten erlebt und theoretisch einer "Gewährleistung" bedürfte, während im Rundfunkbereich private Anbieter ausreichend "Vielfalt" liefern und sicherlich noch mehr liefern würden, wenn die Dominanz der Öffentlich-Rechtlichen und die Zulassungsbeschränkungen hier nicht dies verhinderten.

Das Gericht könnte auch argumentieren, dass nach Art. 3 GG nur Personen nicht benachteiligt werden sollen, nicht "Anrechte" auf Leistungen. Hier könnte man vlt. nachformulieren, in dem man die Person, hier die benachteiligte "Online-Zeitungsleserin" in den Vordergrund stellt.





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Weiterlesen:

10 :: Gewissensfreiheit und Gewissenskonflikt


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